Nachhaltigkeit in der Baubranche

Was bedeutet nachhaltiges Bauen?

Das Thema Nachhaltigkeit erfreut sich in sämtlichen Lebensbereichen steigender Aufmerksamkeit und Beliebtheit. Auch vor der Baubranche macht der Nachhaltigkeitsgedanke keinen Halt: Immer mehr Projekte werden nachhaltig geplant und umgesetzt. Doch was genau bedeutet nachhaltiges Bauen und welche Anforderungen und Herausforderungen gehen damit einher?

Nachhaltigkeit als Leitbild für die Zukunft

Das Prinzip der Nachhaltigkeit ist nicht neu. Schon zu Beginn des 18.Jahrhunderts wurde das Wort  „Nachhaltigkeit“ in der Forstwirtschaft verwendet, um eine flächendeckende Abholzung und einen drohenden Holznotstand zu verhindern. Nachdem im Nachkriegsdeutschaland und den folgenden Jahrzehnten gesellschaftlich kein verstärkter Fokus auf Nachhaltigkeit gelegt wurde, fand im Kontext der UNO-Umweltkonferenzen eine politische und gesellschaftliche Neuprägung des Verständnisses von Nachhaltigkeit statt. Dabei kann die „Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung“ (UNCED), die im Juni 1992 in Rio de Janeiro stattfand, als Symbol der gemeinsamen Verantwortung aller Staaten der Erde angesehen werden.

Auf nationaler und internationaler Ebene werden seitdem Gesetze erlassen, die eine nachhaltige Entwicklung forcieren. Beispielsweise soll die 2015 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete Agenda 2030 zur dauerhaften Bewahrung der natürlichen Grundlagen beitragen. Dabei unterstreichen die in der Agenda definierten Ziele die gemeinsame Verantwortung verschiedener Akteure aus Politik, Wirtschaft oder der Zivilgesellschaft. Explizit werden in der Agenda unter anderem nachhaltige Städte und Gemeinden thematisiert, was den hohen Stellenwert nachhaltigen Bauens im Kontext einer nachhaltigen Zukunft verdeutlicht.

 

Nachhaltigkeitsgedanke im Bauwesen

Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) beschreibt nachhaltiges Bauen als einen bewussten Umgang und Einsatz von vorhandenen Ressourcen, die Minimierung von Energieverbrauch und dem Bewahren der Umwelt. Als langfristiges Ziel gilt die dauerhafte Sicherung der Lebensgrundlagen auch für kommende Generationen, wobei sich der Nachhaltigkeitsgedanke nicht ausschließlich auf ökologische Kriterien wie beispielsweise die Reduzierung der CO2 Emissionen bezieht. Nach dem sogenannten Drei-Säulen-Modell setzt sich der Nachhaltigkeitsgedanke – auch in der Baubranche – aus ökologischen, ökonomischen und sozialen Zielen zusammen.

 

Ökologische Dimension der Nachhaltigkeit

 

Die ökologische Dimension der Nachhaltigkeit bezeichnet die Ressourcenschonung durch einen optimierten Einsatz von Baumaterialien und Bauprodukten wie beispielsweise Holz oder recyclebaren Beton als zentrale Schutzziele. Zudem wird eine geringe Flächeninanspruchnahme anvisiert, die Erhaltung und Förderung der Vielfalt von Flora & Fauna sowie eine Minimierung des Energie- und Wasserverbrauchs durch den Einsatz erneuerbarer Energien oder etwa den Ausbau der Infrastruktur für Elektromobilität angestrebt.
Die ökologische Dimension garantiert nicht per se ein klimaneutrales Bauen, sondern deckt stattdessen klimafreundliche Aspekte ab. Erst wenn langfristig beispielsweise durch den Einsatz erneuerbarer Energien oder aufgrund bioklimatischen Bauens z.B. durch Sonne oder Wind mehr Energie erzeugt als verbraucht wird, kann tatsächlich von Klimaneutralität im Baukontext gesprochen werden.

 

Ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit

 

Laut DGNB, welche ein Zertifizierungssystem mit verschiedenen Standards zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden entwickelt hat, bezieht sich die ökonomische Dimension des nachhaltigen Bauens nicht ausschließlich auf den reinen Prozess des Bauens und der Investitionskosten für den Erwerb eines Grundstücks, die Planung oder die Betriebskosten, sondern betrachtet den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden inklusive der Baufolgekosten sowie der Instandhaltung und Wertstabilität von Baumaßnahmen.
Nachhaltig errichtete Gebäude sollen trotz eventuell höherer Baukosten, die unter anderem auf Kriterien der ökologischen Dimension zurückzuführen sind, langfristig betrachtet günstiger sein als konventionell errichtetet Gebäude und im Betrieb geringe Kosten verursachen. Außerdem sollen nachhaltige Gebäude ohne großen Aufwand veränderbar sein und somit anpassungsfähig für zukünftige Generationen und sich verändernde Nutzungspläne sein.

 

Soziale Dimensionen der Nachhaltigkeit

 

Neben den ökologischen und ökonomischen Aspekten wird nachhaltiges Bauen durch eine soziale Dimension gekennzeichnet. Im Fokus der sozialen Dimension stehen einerseits humane Arbeitsbedingungen und nicht-diskriminierende Arbeitsverhältnisse sowie andererseits die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen, die das Gebäude nutzen werden. Neben baulichen Ansprüchen wie Barrierefreiheit, werden durch die soziale Dimension auch die Verwendung von ökologisch sinnvollen Baustoffen wie z.B. der Verzicht auf lösemittelhaltige Anstriche, Werkstoffe oder Klebestoffe sowie die Verwendung von nachhaltigem Dämmmaterial geregelt, um ein gesundes Wohnklima zu erzeugen.
Für zukünftige Anwohner und Nutzer sollen überdies angenehme Aufenthaltsbedingung wie Grünflächen oder Sitzgelegenheiten geschaffen werden, die das Zusammenleben und die Kommunikation untereinander fördern. Als sozialer Indikator zählt auch das Thema Sicherheit zur sozialen Dimension des nachhaltigen Bauens. Die soziale Dimension der Nachhaltigkeit stellt also sowohl die Nutzerbedürfnisse und Funktionalität als auch die kulturelle und ästhetische Qualität des Gebäudes in den Mittelpunkt.

 

Ineinandergreifen der Dimensionen des nachhaltigen Bauens

Nachhaltiges Bauen ist als zukunftsgerechtes, ganzheitliches Konzept zu verstehen. Der Nachhaltigkeitsgedanke im Bauwesen beschränkt sich nicht ausschließlich auf ökologische Kriterien und ist demnach keinesfalls als Synonym für ökologisches oder klimaneutrales Bauen zu verstehen. Nachhaltiges Bauen meint die gleichberechtigte Berücksichtigung von ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Dimensionen. Die Dimensionen werden dabei nicht separat oder parallel betrachtet, sondern greifen ineinander und beeinflussen sich gegenseitig.

Nachhaltigkeit im Bauwesen ist nicht lediglich ein Trend, sondern stellt eine Entwicklung dar, die aus dem Bewusstsein endlicher Ressourcen und spürbaren Auswirkungen des Klimawandels resultiert. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft treiben die Entwicklung des Nachhaltigkeitsgedanken voran, sodass Architekten, Projektentwickler, Gebäude- bzw. Quartiersplaner und Bauherren immer mehr mit dem Thema Nachhaltigkeit konfrontiert werden und nachhaltiges Bauen zukünftig immer relevanter wird.

 

Weiterführende Informationen zum Thema nachhaltiges Bauen:
https://www.nachhaltigesbauen.de/
https://www.dgnb.de/
https://www.nachhaltigkeit.info/
https://ibu-epd.com/nachhaltiges-bauen/